Mittwoch, 2. Januar 2013

Der vergessene Kommunistenrabbi - zum 200. Geburtstag von Moses Hess




Unter dem Titel: "Der vergessene Kommunistenrabbi - zum 200. Geburtstag von Moses Hess" luden die Theoriezeitschrift EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft, Haskala Bayern (Plattform gegen Antisemitismus) und der LAK Shalom der Linksjugend ['solid] Bayern zu einem Vortrag mit Diskussion ins selbstverwaltete Jugendhaus Erlangen.
Etwa 40 Interessierte folgtem im gut gefüllten Raum dem halbstündigem Vortrag von Dr. Udo Winkel, einem Redakteur der Theoriezeitschrift EXIT! Die nachfolgende Diskussion wurde wegen akustischer Probleme nicht mit aufgenommen. Besonders erfreut waren wir über die Anwesenheit von Roswitha Scholz, der Witwe des unlängst verstorbenen Nürnberger marxistischen Philosophen und streitbaren Linken Robert Kurz. Roswitha Scholz wurde besonders bekannt durch das von ihr während ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe Krisis veröffentlichte Theorem der Wert-Abspaltung

Um Moses Hess ist es still geworden, seine Werke sind vergriffen und bestenfalls noch antiquarisch zu erwerben. Das sah vor dreißig Jahren noch etwas anders aus. Im Zuge der Beschäftigung mit Marx und seinen theoretischen Voraussetzungen seit der Studenten- bewegung war der Linkshegelianismus und frühe Kommunismus und damit auch Moses Hess wiederentdeckt worden. Seine Schriften wurden neu aufgelegt, Arbeiten über ihn verfasst und er wurde in Kompendien gewürdigt. Dass er erneut in Vergessenheit geraten ist, sagt viel über die heutige Marxrezeption aus. Hess war nicht nur der erste deutsche Kommunist, der wesentlich dazu beitrug, dass Marx sich vom Linkshegelianismus loslöste, sondern auch der Vorläufer eines sozialistischen Zionismus.

Hess' wichtigste Werke sind:
- Sozialismus und Kommunismus (1842)
- Die Philosophie der Tat (1843)
- Über das Geldwesen (1845)
- Rom und Jerusalem (1862), eine Grundlegung des späteren Zionismus. Leipzig: Eduard Mengler
- Moses Hess Jüdische Schriften. Hrsg. und eingeleitet von Theodor Zlocisti. Leo Lamm, Berlin 1905

Einige Schriften sind digitalisiert einsehbar (siehe google books), andere antiquarisch zu erwerben, z.B. via ZVAB. Insbesondere Rezensionen aus den 60/70ger Jahren sind noch antiquarisch erhältlich.

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Hinweisen möchten wir noch auf einen Vortrag in Berlin:

Moses Heß

Überzeugter Jude, Zionist und Mitkämpfer von Karl Marx für Sozialismus und Emanzipation der Arbeiter. Reihe: Seniorenklub im Karl-Liebknecht-Haus

Ein Bericht über einen Aufklärer und Warner vor Antisemitismus, Militarismus und  Chauvinismus.

22.01.2013  10:00 Uhr
Karl-Liebknecht-Haus, Berlin
Mit Referent: Prof. Dr. Heinrich Fink, Moderation: Moderation: Elfriede Juch

Rätekommunistische und anarchistische Kritik am Antisemitismus von links

Im Rahmen einer Vortragsreihe der "Internationalen Wochen gegen Rassismus 2012"  in Erlangen gab es einen hochinteressanten Beitrag. Dr. Olaf Kistenmacher, Historiker und Radiomacher sprach über  

„Rätekommunistische und anarchistische Kritik am Antisemitismus von links“

Daß es innerhalb der politischen Linken Judenfeindschaft gab und gibt, ist bekannt. Weniger bekannt ist die sehr frühe Kritik daran. Franz Pfemfert, Rätekommunist und Mitbegründer der KPD, wies Anfang der 1920er Jahre auf judenfeindliche Äußerungen innerhalb der kommunistischen Bewegung hin. Er hatte die Partei 1920 verlassen und zeigte in seiner Zeitschrift “Die Aktion” ihre Entwicklung zu einer nationalistischen und stalinistischen Kaderpartei auf. Zur gleichen Zeit registrierte Leo Trotzki judenfeindliche Tendenzen in der
Sowjetunion, sprach sie jedoch kaum öffentlich an. Das passierte erst 1937, während der Moskauer Schauprozesse, in seinem postum veröffentlichten Text “Thermidor und Antisemitismus”. In ihren
Reiseberichten aus Sowjetrußland zitierten die US-amerikanische Anarchistin Emma Goldman und ihr Lebensgefährte Alexander Berkman aus Gesprächen mit Jüdinnen und Juden über eine neue Form der
Judenfeindschaft. Diese Berichte waren nicht einstimmig: Manche waren den neuen Machthabern dankbar, andere sprachen hingegen von “stillen Pogromen”. Ein Jude erklärte Goldman und Berkman, der Bolschewismus
habe “die antisemitische Einstellung der Massen verstärkt”. Der Vortrag rekonstruiert die Motive, warum Berkman, Goldman, Alexandra Ramm-Pfemfert, Franz Pfemfert und Trotzki etwas kritisierten, was vielen anderen innerhalb der kommunistischen Linken nicht einmal auffiel.


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