Mittwoch, 27. April 2011

Über Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus

Antisemitismus

Grundlage des Antisemitismus ist die Überzeugung, Juden seien keine normalen Menschen. Demzufolge ist jede wertende Aussage, die einen Unterschied zwischen Juden und dem Rest der Menschheit behauptet, als potenziell antisemitisch zu bewerten, wobei es keine Rolle spielt, wie die Bewertung ausfällt. "Philosemitismus" gibt es nicht. Wer Juden als Übermenschen darstellt, sieht sie als Untermenschen, gegen die sich momentan nichts ausrichten lässt. Jeder Antisemitismus ist in letzter Konsequenz eliminatorisch, also auf Vernichtung bedacht. Zwar behaupten einige Antisemiten, sich mit einer räumlichen Trennung zufriedenzugeben, jedoch braucht kein Antisemit auch nur einen Juden in seiner Nähe, um überall "jüdische Einflüsse" zu vermuten, die man bekämpfen müsse. Hier einige der derzeit häufigsten Symptome:

- die Überzeugung, Juden seien nicht in der Lage, Juden zu hassen. Wie hirnrissig diese Überzeugung ist, erschließt sich sofort, wenn man "Juden" durch einen beliebigen anderen personenbezogenen Sammelbegriff ersetzt.

- die Überzeugung, die Juden verfügten über einen außergewöhnlich schlechten Charakter, verbunden etwa mit Gier, Heimtücke und dem Drang, Nichtjuden für ihre Zwecke zu manipulieren.

- die Überzeugung, die Juden planten, seien dabei oder hätten es bis auf wenige Ausnahmen bereits geschafft, die "freien Völker" der Welt zu unterjochen.

- die Überzeugung, die Juden hätten "überall ihre Finger im Spiel", kontrollierten etwa Regierungen und Medien und zwängen sie dazu, gegen Juden gerichtete Kritik zu unterdrücken und für "jüdische Interessen" einzutreten. Stichsatz: "Gegen die Juden darf man nichts sagen:"

- die Überzeugung, die Juden hätten den Holocaust erfunden und/oder nutzten ihn nachträglich für ihre Zwecke aus, bisweilen (vor allem in verschwörungsspekulativem Kontext) gar die Ansicht, Hitler sei eine Marionette wohlhabender jüdischer Zionisten gewesen.

- die Überzeugung (aktuell vor allem in der arabischen Welt und im Iran verbreitet), die Juden seien monströse Bestien und ermordeten Nichtjuden, vor allem nichtjüdische Kinder, um sie auszuweiden und ihr Blut zu konsumieren.

Ein heutzutage besonders beliebtes Argument, wie man meinen möchte geschaffen von einem wahllos tippenden Affen, aber dann auch wieder zu absurd, um durch Zufall entstanden zu sein, ist die Aussage: "Araber können keine Antisemiten sein, weil Araber Semiten sind." Das einzige, was daran stimmt, ist die Grammatik. Wir gehen jetzt weder auf Rassismus noch auf überholte Rassentheorien ein und halten auch keinen Vortrag über Semantik, sondern stellen fest: Seit seiner Erschaffung nahm der Begriff "Antisemitismus" nie irgendeinen Bezug auf "Semiten".

Er bezog sich immer und ausschließlich auf Juden und daran hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert.


Antizionismus

Zionismus ist die Überzeugung, es müsse einen jüdischen Nationalstaat geben. Folglich ist Antizionismus die Überzeugung, es dürfe keinen jüdischen Nationalstaat geben. Seit es einen jüdischen Nationalstaat gibt, ist Antizionismus die Überzeugung, dieser Staat müsse ausgelöscht werden. Jede Äußerung, die die Delegitimierung Israels zum Ziel hat, ist demzufolge als antizionistisch zu bewerten. Bereits darin, dass der jüdische Nationalstaat der einzige Staat auf Erden ist, dessen Existenzrecht von seinen Kritikern ständig mindestens in Zweifel gezogen wird, offenbart sich die antisemitische Natur des Antizionismus. Der einzige relevante Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus besteht darin, dass letzterer auf den jüdischen Staat und dessen Unterstützer zielt und ersterer auf Juden in aller Welt. Ansonsten sind die Inhalte deckungsgleich. Indem der Antizionismus bevorzugt antizionistische Juden als Kronzeugen hofiert, teilt er nicht nur die antisemitische Gewohnheit, sich antisemitischer Juden als Alibi bedienen, sondern auch die zutiefst rassistische Behauptung, wer Jude sei, könne keine Juden hassen.


Antiamerikanismus

Auch die USA sind kein idealer Staat, jedoch sind sie den europäischen Staaten und vor allem Deutschland insofern überlegen, als ihnen die Staatsbürgerschaft eines Menschen mehr bedeutet als die Herkunft. Während in Deutschland noch die Enkel zugewanderter Großeltern als ausländisch wahrgenommen werden, wenn es ihnen nicht gelingt, ihren Migrationshintergrund zu verbergen, ist jede/r US-amerikanische Staatsangehörige unabhängig von Aussehen und Zungenschlag zuerst US-Amerikaner/in. Darin wurzelt auch der Antiamerikanismus der deutschen Nationalisten, die die USA als kolossales Projekt gesteuerter "Rassenschande" wahrnehmen, dessen Ziel darin bestehe, die Völker und Kulturen der Welt zu einem Einheitsvolk und einer Einheitskultur zu verschmelzen. Anhänger/innen des Gleichheitsprinzips können darin nur insofern etwas Schlechtes sehen, als vor allem das Sozialsystem der USA sich nicht mit linken Idealen deckt. Dies jedoch kann keine Rechtfertigung dafür sein, in die rassistischen antiamerikanischen Tiraden der Nationalisten einzustimmen. Eine Parteinahme in den Konflikten, an denen die USA beteiligt sind, sollte, wenn sie denn sein muss, nach rationalen Maßstäben erfolgen. Wer als Linker etwa klerikalfaschistische Staaten, die Frauen unterdrücken, Homosexuelle hinrichten und massive Repressionsapparate unterhalten, wie sie die westliche Welt seit Jahrzehnten nicht mehr kennt, gegen die USA unterstützen zu müssen glaubt, beweist damit nicht nur ein erstaunliches Maß an Betriebsblindheit, sondern wirft damit den letzten Rest fortschrittlichen Denkens zugunsten zutiefst reaktionärer Ideologien auf den Müll.

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